Ideen gefragt

Gerade in der heutigen Zeit wird ja oft und meist auch recht leichtfertig über Gott und die Welt geschimpft. Nun möchte ich hier keinesfalls in diesen Kanon einstimmen, obwohl der Anlass dieser Zeilen durchaus Grund dazu bietet: Die Kirche schrumpft. Nein, keine Angst – keines unserer Kirchgebäude ist in statischer Gefahr. Alle unserer Kirchenmauern sind dick und fest im Boden verankert. 

Vielmehr geht es um die Menschen, die die Kirche besuchen. Sie werden weniger. Und auch die Anzahl derer, die sich vielleicht nicht oft in den Mauern einfinden, aber trotzdem Gemeindeglieder sind, geht zurück. Das Kirchenamt ist um eine Statistik nicht verlegen und reibt uns unter die Nase, dass die Anzahl der Gemeindeglieder im Jahr 2040 auf die Hälfte geschrumpft sein wird. Damit geht einher, dass auch die Einnahmen geringer werden, die der Kirche zufließen. Damit ist nicht nur Kollekte und Kirchensteuer gemeint, nein auch sämtliche ehrenamtliche Tätigkeit ruht dann natürlich auf deutlich weniger Schultern.

Dieser Entwicklung muss nun irgendwie begegnet werden. Gefahr erkannt – Gefahr gebannt, so könnte man sagen. Und so finde ich es zunächst auch völlig richtig, wenn von der Landeskirche ausgehend, über Bezirkssynode und auch von unserer Superintendentur des Kirchenbezirkes Meißen-Großenhain nicht einfach nur auf die Entwicklung hingewiesen, sondern auch echte Aktivität entwickelt wird. Aktivität, die in konkrete Entscheidungen und Maßnahmen münden muss. Das geschieht bereits seit einigen Jahren.

Noch viel besser finde ich es, dass wir als Gemeinden dazu aufgefordert sind, uns daran zu beteiligen.

Unsere Gemeindeglieder und der Kirchenvorstand machen hier auch aktiv mit: Vielleicht haben Sie ja im letzten Gemeindebrief den Artikel von Peter Kanis gelesen, der einlädt über neue Formen der Gottesdienste und Kirchennutzung nachzudenken. Zwei Veranstaltungen dazu gab es schon! Ein Beispiel dafür, dass  bei uns intensiv über den Wandel in der Kirche nachgedacht wird. Danke Peter!

Unser Kirchenvorstand hat ebenfalls bereits vor über zwei Jahren den Kontakt zu unseren Nachbargemeinden gesucht und wirklich viele Gespräche geführt. Dies hat inzwischen zu konkreten Ergebnissen geführt: Mit den Gemeinden Kesselsdorf, Freital, Wilsdruff, Mohorn, Pesterwitz und Tharandt soll eine gemeinsame Region gebildet werden, in der übergreifend zusammengearbeitet wird. Sogar über Kirchenbezirksgrenzen hinweg.
Hierbei gab es einen Hauptgesichtspunkt: Kann eine  gemeinsame Zusammenarbeit in der Praxis funktionieren? – Wie sagt man doch heute gern: Neue Potentiale sollen freigesetzt werden! Naja, so hochtrabend muss es meiner Meinung nach gar nicht gleich sein. Mir würde schon reichen, wenn man mit gemeinsamer Arbeit die verschiedenen Aktivitäten gleichmäßiger verteilen kann. Zum Beispiel durch eine gemeinsame Jugendarbeit. Dies kann mit einer solchen Region gelingen. Zusammen mit den Partnergemeinden wurde dieser Lösungsansatz den beiden Bezirkssynoden vorgelegt und auch bei der Landeskirche bekannt gemacht. Die Vorschläge zeigen, dass unser Kirchenvorstand mit anderen gemeinsam nach Kräften versucht, sich mit Vorstellungen und Zielen einzubringen und auch bereit ist, völlig neue Ansätze umzusetzen.

Soweit so gut. Das ist aber nicht alles. Auch die Superintendentur in Meißen hat Vorstellungen zur Veränderung. Diese sind davon geprägt, dass eine neue Struktur auch unter Kostengesichts­punkten funktionsfähig sein muss. Und das ist auch richtig so, denn dies zu berücksichtigen ist sicher die Aufgabe der Superintendentur.

Auf unsere Gemeinde bezogen wird dabei schnell klar: Bei 650 Gemeinde­gliedern ist eine ganze Pfarrstelle nicht finanzierbar (Zielgrößen für den ländlichen Raum liegen eher bei 4000-8000 Gemeindegliedern). Herr Superintendent Beuchel hat dies gegenüber dem Kirchenvorstand auch sehr deutlich zum Ausdruck gebracht.
Deshalb wurden der Superintendentur vom Kirchenvorstand verschiedene Lösungsvorschläge unterbreitet: So wäre z.B. die Teilung unserer Pfarrstelle denkbar. Pfarrer Bernhardt könnte neben der Tätigkeit bei uns, mit weiteren übergreifenden Aufgaben für den Kirchenbezirk betraut werden. Das wäre toll, würde es jedoch das Entstehen einer neuen Struktur innerhalb der Region stark fördern.

An die Pfarrstelle ist derzeit aber auch unser Pfarramt geknüpft. Leider gibt es seitens der Superintendentur keinerlei Vorschläge, wie denn mit diesem Umstand umzugehen sei. Was man sich aber beim besten Willen nicht vorstellen kann, ist ein Wegfall des Pfarramtes - gerade weil der Wandel in eine neue Struktur eben nur dann gelingen kann, wenn es ein Pfarramt in Weistropp gibt. Genau deshalb war in den letzten Wochen auch eine entsprechende Petition vom Kirchenvorstand initiiert worden.

Vielen Dank auch an dieser Stelle nochmals für Ihr starkes Interesse egal ob Sie mit unterschrieben haben oder nicht! Großer Dank gebührt auch allen aktiven Mithelfern für die Unterstützung bei der Verteilung der Petition! Das Sammeln der Unterschriften ist inzwischen beendet. Über 1120 Unterschriften inklusive des Bürgermeisters haben die Petition unterzeichnet, und dies wohlgemerkt bei einer Gemeindegliederanzahl von 650! Dieses beeindruckende Ergebnis belegt eindrücklich, dass nicht nur dem Kirchenvorstand schleierhaft ist, wie ein Gemeindeleben bei uns ohne ein Pfarramt in Weistropp möglich sein soll.

Die Petition wurde gemeinsam mit dem letzten Lösungsansatz des Kirchenvorstandes der Superintendentur übergeben. Beides wurde auch entgegen genommen und im Juni vom Kirchenbezirksvorstand beraten. Der Lösungsansatz wurde jedoch leider abgewiesen. Dies ist dem Kirchenvorstand unverständlich, auch weil keinerlei Begründung für diese Entscheidung dargelegt wurde. Die Petition wurde in keiner Form kommentiert. Dies ist auch deshalb verwirrend, weil es von der Landeskirche in Dresden durchaus andere Signale gegeben hat.

In dieser unbefriedigenden Situation muss der Kirchenvorstand derzeit weiterhin von der Streichung unserer Pfarrstelle und des Pfarramtes in Weistropp ausgehen.

Ich arbeite bei T-Systems. Hier werden derzeit tausende von Stellen gestrichen und abgebaut. Wieder einmal und bereits in der vierten Runde, und auch hier hat dies hauptsächlich Kostengründe. Sie können mir glauben, die Art der Ideen, die derzeit für den Kirchenstrukturwandel diskutiert werden, sind mir sehr klar vor Augen, denn es finden sich eine Menge Parallelen.

Leider führten diese Art der Maßnahmen in den mir bekannten Fällen in nicht zu dem gewünschten Effekt: Dem neuen erstarken der Struktur. Schauen wir also nach vorn. Meines Erachtens sind demnach wirklich neue Ideen gefragt. Vielleicht finden sich diese ja im Rahmen der Podiumsdiskussion am 25.10. in Unkersdorf. Da werden die Fragen des Strukturwandels adressiert und wie wir in unseren Gemeinden damit umgehen. Auch Superintendent Pfarrer Beuchel ist dazu eingeladen worden. Wir hoffen auf positive Antwort.

Es wäre allerdings richtig super, wenn Kreativität nicht nur aus den Reihen der Kirchgemeindeglieder akquiriert sondern auch auf Seiten der Superintendentur Ideenreichtum sprießen oder zumindest mitgetragen würde.

 

Birk Siegmund